Behörden und Kostenersparnis

Hier dokumentieren wir Beispiele von behördlichem Missmanagement, mit dem Betroffene und Betreuende tagtäglich zu kämpfen haben.
Erfahrungsbericht „Beantragung des Persönliches Budgets beim Bezirk Oberbayern“

Meine Tochter ist mehrfach psychisch schwerstbehindert.
Jahrelang habe ich nach einer passenden Einrichtung für sie gesucht, leider erfolglos. Entweder die Tagesstruktur in der Einrichtung funktioniert nicht oder aber der Personalschlüssel ist viel zu niedrig. Da meine Tochter einen sehr hohen Betreuungsaufwand hat, ist es für sie sehr wichtig, dass sie gute Beziehungen und Bindungen zu ihren Bezugspersonen hat. Sie ist einfach nicht in der Lage, viele Situationen alleine zu bewältigen.
Leider sind viele Behinderteneinrichtungen in ihren Rahmenbedingungen sehr starr und wenig flexibel. Einzelfälle, das heißt Menschen, die nur mit einem sehr individuellen Umgang zurechtkommen, wird es immer geben. Oftmals fallen diese leider durchs Raster.

Ausschließlich aufgrund des hohen Betreuungsaufwands würde unsere Tochter in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht werden. Das wäre ihre einzige Perspektive, da es keinerlei passende Einrichtung, keinen Intensivwohnplatz für sie gibt. Sie ist ein Naturmensch, braucht sehr viel Bewegung an der frischen Luft, ebenso wie an sie angepasste Strukturen und Sicherheit. Eine geschlossene Einrichtung wäre für sie die reinste Katastrophe, eine Qual.

Wir haben fast fünf Jahre versucht, beim Bezirk Oberbayern ein persönliches Budget für unsere Tochter zu bekommen, um sie weiterhin in der ihr Sicherheit gebenden Umgebung unseres Zuhauses betreuen zu können, also Elternarbeit plus persönliche Assistenz  plus auf sie genau angepasste Strukturen. Das ist für unsere Tochter die einzige und beste Lösung des „Problems“.
Leider wurde mir von offizieller Seite kein Glauben in Bezug auf unsere Gesamtsituation geschenkt, obwohl ich unzählige ärztliche Berichte und ein sehr umfassendes Gutachten eines Professors vorlegte. Es ist zu erwähnen, dass besagter Professor als Koryphäe in diesem Bereich gilt und gleichzeitig auch als Gutachter für das Oberlandesgericht tätig ist.
Seitens des Bezirks wurde uns ein anderer begutachtender Arzt vorgegeben. Bis wir dann die geforderte Begutachtung zur Bedarfsermittlung hatten, mussten wir die Betreuungsunterstützung und zahlreiche Therapien aus eigener Tasche zahlen, was eine nicht zu leistenden finanzielle Überbelastung ist. Den Großteil der Betreuung übernahm ich selbst. Für Angehörige hört das eigene Leben auf, man befindet sich ausschließlich in der „Parallelwelt“ des Betroffenen.

Alles in allem muss ich sagen, dass die Bearbeitung unseres Falles und der damit zusammenhängende Umgang seitens des Bezirks Oberbayern mit uns sehr unfair und absolut unkooperativ war. Der Kampf um das Persönliche Budget für meine Tochter hat mich meine gesamte Restenergie gekostet und fast verzweifeln lassen. Eine derartige Praxis macht etwas mit Eltern, Angehörigen und Betroffenen.

Letztendlich hat dann vor einem halben Jahr die Unterstützung eines Psychiatrie-Chefarztes dazu geführt, dass wir nun einen festen Betrag pro Monat als Persönliches Budget vom Bezirk zugewiesen bekommen. Für die Jahre ohne finanzielle Unterstützung fanden wir eine gütliche Regelung.
Eines weiß ich ganz sicher: Ohne die Unterstützung des engagierten Chefarztes hätten wir bis heute keinerlei Geld vom Bezirk erhalten.

Eine Anregung meinerseits: Vielleicht sollte man die Ressource „Angehörige“ in unterschiedlichen Formen besser nutzen?
Denn eines darf man keinesfalls vergessen, auch Menschen wie meine Tochter haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes und einigermaßen erträgliches Leben.

Der Verfasser/die Verfasserin des Textes möchte gerne anonym bleiben. Uns sind die Daten dieser Person natürlich bekannt und wir haben die Genehmigung zur Veröffentlichung des Textes