Beantragung des Persönlichen Budgets

Unsere Tipps und Erfahrungen

 

Auf der Webseite des Bezirkes Oberbayerns, www.bezirk-oberbayern.de/, liest sich das Beantragen eines persönlichen Budgets relativ einfach, für juristische Laien kann es jedoch ziemlich komplex werden, zum Teil sogar undurchschaubar. Der nachfolgende Absatz bezieht sich auf unsere persönlichen Erfahrungen. Vielleicht können andere von diesen Erfahrungen profitieren oder möchten an dieser Stelle ihre eigenen Erfahrungen beschreiben. Das nehmen wir gerne auf.

 

Rechtsschutzversicherung

Es ist nicht gesichert, dass die eigenen Vorstellungen und die Vorstellungen des Kostenträgers kompatibel oder gleich sind. Deshalb empfiehlt es sich aus unserer Sicht, vor Beantragung eines persönlichen Budgets eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, die im Falle eines Falles die Kosten für den Rechtsbeistand übernimmt. Die meisten Rechtschutzversicherungen haben eine anfängliche Wartezeit und sollten deshalb drei bis sechs Monate vorher Beantragung abgeschlossen werden.

 

Zeitrahmen beachten! Beantragung des persönlichen Budgets, Budgetkonferenz, Zielvereinbarung

Nach der Beantragung des Persönlichen Budgets kommt es zu einer Budgetkonferenz beim Leistungsträger, um die Ziele bzw. den Bedarf festzustellen. Anschließend schreibt der Bezirk eine Zielvereinbarung und schickt diese dem Beantragenden zu. Dies nimmt einen gewissen Zeitrahmen in Anspruch, der sich ziehen kann.

In unserem Fall:

24.12.2018     Beantragung eines persönlichen Budgets

25.6.2019        Budgetkonferenz

12.11.2019      Schreiben einer Zielvereinbarung

Es hat also in unserem Fall fast 11 Monate von der Beantragung des Persönlichen Budgets bis zum Erhalt einer Zielvereinbarung gedauert. Diesen Zeitraum muss man finanziell und von Seiten der Assistenz irgendwie überbrücken können.

Laut Aussage unseres Rechtsanwaltes muss innerhalb von 3 Wochen nach Eingang des Antrages der Bedarf festgestellt werden, sollte hierfür ein Gutachten notwendig sein, muss 3 Wochen nach Eingang des Gutachtens die Entscheidung getroffen werden. Theorie und Praxis stellten sich bei uns sehr different dar.

 

Vorsicht: Nicht-Unterzeichnung der Zielvereinbarung

In der Zielvereinbarung wird der Umfang der Leistungen benannt. Der Betroffene bzw. die gesetzlichen Vertreter werden aufgefordert, diese Zielvereinbarung zu unterschreiben. Der Bezirk Oberbayern schreibt hierzu auf seiner Webseite: „Wenn es Unklarheiten gibt oder Sie weitere Wünsche haben, sprechen Sie bitte Ihre Sachbearbeitung an.“

Wir hatten bezüglich der Zielvereinbarung noch Klärungsbedarf und wandten uns, wie auf der Webseite des Bezirkes beschrieben, an die Sachbearbeitung.

Der Ablauf bei uns war folgendermaßen:

  • Die Sachbearbeitung wechselte wiederholt.
  • Rückfragen von uns bzw. unseres erst nach einem Jahr eingeschalteten Rechtsanwaltes blieben gänzlich oder über längere Zeit unbeantwortet und wir konnten unsere Fragen nicht klären.
  • Am 19.5.2020 erhielten wir die Ablehnung des persönlichen Budgets mit der Begründung, dass wir die Zielvereinbarung nicht unterschrieben haben.
  • Die Vorauszahlungen wurden eingestellt.
  • Wir erhielten dann Vorschläge für stationäre Einrichtungen, obwohl unser Sohn schriftlich im HEP-Fragebogen des Bezirkes eine Unterbringung in einer Einrichtung abgelehnt hat und wir den Bezirk mehrfach darauf hingewiesen hatten, dass unser Sohn durch die schon erfolgte achtjährige Heimunterbringung schwer traumatisiert ist.
  • Die uns vorgeschlagenen Einrichtungen hatten alle keinen freien Platz für unseren Sohn, obwohl der Bezirk Oberbayern den Einrichtungen nahegelegt hatte, unseren Sohn „prioritär“ zu berücksichtigen. Unser ambulant gut versorgter Sohn sollte „prioritär“ berücksichtigt werden, obwohl es in Oberbayern Menschen gibt, vom Bezirk als „Langlieger“ bezeichnet, die zum Teil über ein Jahr in den psychiatrischen Kliniken auf einen Einrichtungsplatz warten.

Die Zielvereinbarung betreffend war uns nicht bewusst, dass ein Nichtunterschreiben der Zielvereinbarung, weil wir Klärungsbedarf hatten, in der Konsequenz zu einer Ablehnung des Persönlichen Budgets führen würde.
Die Zielvereinbarung ist eine zwingende Voraussetzung für die Gewährung eines persönlichen Budgets.

„Überleben“ durch einen Antrag auf Vorauszahlungen

Eine Vorauszahlung kann gemäß § 42 SGB I erfolgen:

„Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschusszahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.“

Diese gesetzliche Grundlage hilft, die Zeit bis zum endgültigen Bescheid finanziell zu überbrücken. Der Antrag auf Vorschusszahlungen sollte deshalb sofort zusammen mit dem Antrag auf ein Persönliche Budget gestellt werden.